Beim offenen MRT bedeutet mehr Komfort auch bessere Diagnostik
Interview mit Esther Hüttermann
„Beim offenen MRT bedeutet mehr Komfort auch bessere Diagnostik“
Gut zwei Monate nach Inbetriebnahme des neuen offenen Magnetresonanztomographen (MRT) an der Kreisklinik Groß-Gerau: Wir treffen Dr. Udo Raab, Sektionsleiter der Radiologie an der Kreisklinik, und Ahmad Abusaman, Leitender Oberarzt der Radiologie, und sprechen über ihre ersten Erfahrungswerte, welche Vorteile des Gerätes den Patientenalltag spürbar verändert haben und welche Projekte die Radiologie noch anstrebt.
Herr Dr. Raab, Herr Abusaman: Vor etwa neun Wochen ist das offene MRT an der Kreisklinik in Betrieb gegangen – das erste Modell seiner Art in ganz Europa. Was hat sich seitdem für Ihre Patienten verändert?
Dr. Udo Raab:
Unsere Patienten profitieren ganz unmittelbar vom neuen offenen MRT: Das Modell ist zu 270 Grad geöffnet – das verändert den Ablauf unserer Untersuchungen grundlegend. Im Termin sind die Patienten deutlich gelassener, weil sie während der Untersuchung aus dem MRT heraus den Raum ansehen können oder eine Begleitperson ihre Hand hält – das bedeutet besonders älteren Menschen viel.
Ahmad Abusaman:
Auch die Kulisse an sich macht viel aus – gedimmtes Licht, große Landschaftsbilder, helle und freundliche Atmosphäre: Das macht für Patienten in einer ohnehin stressigen Behandlungssituation einfach einen großen Unterschied.
Können Sie mit dem offenen MRT neben einem Mehr an Komfort auch medizinisch einen Schritt nach vorne gehen?
Dr. Udo Raab:
Diese beiden Faktoren sind eng miteinander verknüpft: Beim offenen MRT bedeutet mehr Komfort auch bessere Diagnostik. Ein Beispiel: Früher haben Patienten bei einer Untersuchung in der „Röhre“ häufig Angst bekommen. Das hat dann nicht nur unsere Abläufe verzögert (was teilweise zu langem Warten für die Nachfolgeuntersuchungen geführt hat), sondern auch für schlechte Bilder gesorgt. Patienten liegen ohne Angst und Stress ruhiger, dadurch steigt auch die Qualität unserer Bilder spürbar. So schaffen wir einen großen medizinischen Fortschritt, gerade als Grundversorger im ländlichen Raum. Darüber hinaus ermöglicht uns die Stärke des Magneten (1,2 Tesla) des offenen MRTs schnelle Untersuchungen bei höchster Bildqualität.
Ahmad Abusaman:
Neben dem medizinischen Zugewinn haben wir als Behandelnde auch Inklusionsfragen im Blick: Wie ermöglichen wir auch Angstpatienten eine Behandlung, die modernsten technologischen Standards entspricht? Was ändert sich dadurch für Menschen mit eingeschränkter Mobilität? Auch demenzsensible Untersuchungen sind uns wichtig. Gerade für uns als Klinik, da wir auf die radiologische Versorgung von stationären Patienten ausgerichtet sind, ist es wichtig, dass Patienten sich wohlfühlen – das unterstützt medizinisch gesehen den Heilungsprozess.
Überraschend, dass ausgerechnet Sie als kleines Haus den Patienten nun dieses Angebot machen können.
Dr. Udo Raab:
Umso mehr freuen wir uns darüber! Hochprofessionelle und moderne Diagnostik sollte nicht nur den Menschen in Ballungsräumen und großen Städten vorbehalten sein. Denn: Nur durch gute Diagnostik können wir einen passenden Therapieansatz entwickeln.
Was ändert sich für Sie persönlich als Ärzte?
Ahmad Abusaman:
Auch hier schaffen wir einen großen Schritt nach vorne. Da unsere Patienten bei der Untersuchung ruhiger liegen, müssen wir weniger Abläufe ergebnislos abbrechen. Das macht uns nicht nur schneller, sondern ermöglicht uns eine umfassendere Behandlung. Unser Anspruch ist stets die bestmögliche Versorgung des Patienten – danach richten wir unser Handeln aus.
Hat sich Ihre Patientenanzahl seit Inbetriebnahme des offenen MRT verändert?
Dr. Udo Raab:
Selbstverständlich steht das offene MRT in erster Linie unseren stationären Patienten zur Verfügung. Wir sind ein Krankenhaus und erfüllen unseren Versorgungsauftrag. Daneben erhalten wir immer häufiger Anfragen von ambulanten Patienten. Sie übernehmen die Kosten dann regelmäßig selbst, denn obwohl Krankenkassen immer häufiger ambulante Untersuchungen im offenen MRT übernehmen, gelten diese noch nicht als Regelfall. Wir freuen uns, dass wir vielen Menschen, die eine Behandlung in der klassischen Röhre meiden, eine Perspektive geben können. Gleichzeitig hoffen wir, dass die offene MRT sich weiter durchsetzt und Krankenkassen die Untersuchung für ambulante Patienten grundsätzlich abdecken.
Abseits des offenen MRT: Wie blickt Ihre Sektion in die Zukunft?
Ahmad Abusaman:
Wir sind ein junges, eingeschweißtes und technologieaffines Team. Das ist wichtig, denn: Radiologie hat – ob Röntgen, CT oder MRT – stets eine sehr technologische Komponente. Außerdem arbeiten wir interdisziplinär und mit den anderen Sektionen der Kreisklinik eng zusammen: Unsere Diagnose kann die Grundlage für eine weitere Behandlung im Haus sein oder diese durch präzises Bildmaterial ergänzen. Und: Wir beide sind auch Schmerzmediziner – entsprechende Therapien bieten wir bei uns an. So erhalten unsere Patienten eine Behandlung aus einem Guss. Nicht zuletzt können wir uns bald durch zwei neue Röntgengeräte weiter modernisieren. Auch das kommt unseren Patienten zugute.
Vielen Dank für das Interview!