Interview mit Saed Thaher
Interview mit Saed Thaher
Interview mit Saed Thaher, Chefarzt Sektion Orthopädie und Unfallchirurgie
Saed Thaher ist Chefarzt für die Sektion Orthopädie und Unfallchirurgie. Im Interview klärt er über Mythen rund um den künstlichen Gelenkersatz auf, macht die verschiedenen Abläufe des Eingriffs transparent und zeigt auf, wann und warum der Therapieansatz der richtige Weg sein kann.
Schmerz und Verschleiß – egal ob Rücken, Knie oder Hüfte, an den Gelenken steigen im Alter mit den Jahren auch die Beschwerden. Herr Thaher, muss man dann immer gleich ein neues Gelenk einsetzen?
Saed Thaher: „Nein, das ist ein verbreiteter Irrglaube. Tatsächlich ist der künstliche Gelenkersatz die letzte Therapieoption und sollte im Normalfall nur dann vorgenommen werden, wenn andere Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn die Physiotherapie oder andere konservative Methoden über Monate keine Besserung mehr bringen. Oder auch wenn die Lebensqualität so stark leidet, dass selbst der Alltag kaum noch zu bewältigen ist. Dann ist der operative Weg eine gute und bewährte Möglichkeit, die Lebensqualität und Mobilität zu verbessern.“
Etwas konkreter: Wie sieht diese Verbesserung aus?
Saed Thaher: „Es gibt zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen und Studien zu diesem Thema. Diese zeigen, dass die allermeisten Patienten stark von dem Gelenkersatz profitieren und die künstlichen Gelenke oder Gelenkteile nach fünfzehn, teilweise sogar nach zwanzig Jahren noch voll funktionsfähig sind. Schmerzen treten sehr viel seltener auf und selbst sportliche Aktivitäten werden für viele wieder möglich.“
Gelenkersatz-Operationen gehören zu den häufigsten Operationen in Deutschland. Ist die OP schon reine Routine?
Saed Thaher: „So würde ich es nicht nennen. Richtig ist, dass die Art des Eingriffs mittlerweile zum chirurgischen Alltag gehört. Ich arbeite in einem hoch professionellen und erfahrenen Team, Prothesen implantiere ich seit Jahren. Trotz meiner langjährigen Erfahrung lege ich viel Wert darauf, jedem Eingriff mit dem gebotenen Respekt zu begegnen, denn am Ende ist jeder Mensch, jedes Gelenk und jeder Eingriff ein Unikat und verdient eine individuelle Betrachtung.“
Bei einem Gelenkersatz denken vermutlich die meisten direkt an Knie- oder Hüftgelenke. Warum ist das so?
Saed Thaher: „Knie- und Hüftgelenke gehören nicht nur zu den komplexesten Gelenken unseres Körpers, sie sind auch unser ganzes Leben lang mitunter den stärksten Belastungen ausgesetzt. Die Hüftgelenke sind Kugelgelenke, die von Knochen gehalten und Bändern geführt werden – für unseren aufrechten Gang müssen sie gut ausbalanciert sein. Fehlstellungen beim Gehen oder zu einseitige Bewegungen (wie beispielsweise langes Sitzen), machen hier über die Dauer das Gift.
Das Knie ist noch komplizierter: Bänder, Muskeln, Sehnen, Kapselstrukturen und Menisken machen den Bewegungsablauf aus. Dieser vielschichtige Aufbau macht das Knie anfällig, besonders Bänder und Menisken sind Schwachstellen, die bei diversen Sportarten stark strapaziert werden. Aber auch viele handwerkliche Berufe sind von Bewegungen geprägt, die Gelenke schnell verschleißen lassen.
Diese Faktoren sind ursächlich dafür, dass der Gelenkersatz bei Hüften und Knien so verbreitet ist. Erst mit deutlichem Abstand kommen dann Fußgelenke oder Schultern. Im Grundsatz ist es jedoch möglich, jedes Gelenk unseres Körpers künstlich zu ersetzen.“
Ein künstliches Gelenk ist eine Umstellung für den Körper. Wie kommen Patienten nach einer OP wieder gut auf die Beine?
Saed Thaher: „Für einen nachhaltigen Erfolg des Eingriffs ist die ganzheitliche Betrachtung unserer Patienten wichtig. Ein künstliches Gelenk allein ist nur die halbe Miete. Die Psyche, der Bewegungsapparat, die gesundheitliche Verfassung und nicht zuletzt die Ernährung tragen zum Gelingen bei. Gerade in der Orthopädie profitieren wir dabei von der übergreifenden Zusammenarbeit von Fachexperten unseres intersektoralen Zentrums. So organisiert beispielsweise unser Sozialdienst schon vor der Operation die Reha. Es ist mein Anspruch und der Anspruch des gesamten Teams, dass unsere Patienten uns in persönlichen Gesprächen kennenlernen und sich mit jedem Therapieschritt gut und sicher fühlen.“
Vielen Dank für das Interview!